das Lorenz erreichte mich zerlegt in einer Transportkiste. Es hatte sich schon mal jemand dran versucht. Ein neues dreiadiges Netzkabel mit Stoffummantelung war bereits montiert (ich komme noch darauf zurück), 2 neue Röhren und ein Poti waren schon besorgt. Dann war es wohl erst mal längere Zeit eingelagert.
Als erstes machte ich das Chassis durch Austausch der brüchigen Kabel, der Kondensatoren und der Elkos, und durch einen Abgleich funktionsfähig. Ein Poti mit zweipoligem Schalter war nicht aufzutreiben, so setzte ich das mitgelieferte einpolig-schaltende Poti ein.
Hier könnte der Bericht schon fast enden. Wenn man denn mit dem Radio was anfangen könnte. Ausser einigen stark verrauschten ausländischen Fernsendern kam aber nichts rein. Das Lorenz hat die Wellenbereiche Mittelwelle und Kurzwelle. Auch die Empfangsversuche auf Kurzwelle lieferten keinen brauchbaren Nutzen.
Und damit beginnt der Bericht erst!
Es kam die Idee auf ein UKW-Empfangsteil einzusetzen und ich stellte mich der Aufgabe. Eigentlich ist dieses Radio der absolute worst-case für einen solchen Umbau. Es ist ein Allströmer, also keine Netztrennung, er hat keine TA-Schaltstellung, und auch noch wenig Platz.
Die Wahl des Empfängers:
Ich wählte als UKW Empfänger den Kemo Bausatz B156N aus. Kleine Platinen, die ebenfalls mit dem TDA7088 oder vergleichbar aufgebaut sind, sind zwar auch einfacher zu bekommen (günstigstenfalls aus einem scan-Radio), aber so war es für mich übersichtlicher und das IC ist bereits mit Poti-Abstimmung beschaltet.
Modifikationen der Kemo-Schaltung:
Das NF-Teil mit dem LM386 bestückte ich nicht bzw. entfernte den vormontierten SMD-Baustein. Mir war noch nicht klar wie ich die Spannungspegel in den Griff bekommen sollte. Die Betriebsspannung des Moduls sollte aus der Gittervorspannungserzeugung der UCL11 gewonnen werden, welche natürlich gegen Masse negativ ist. Ebenso fiel der Querregelungs-Transistor mit seiner Beschaltung weg. Dieser ist gedacht die vorgesehenen 9V auf die 3-4V des Empfänger-IC zu reduzieren. Dummerweise liegt die Regelung aber im Pluszweig, und das soll ja mein Massepotential sein. Also kam anstelle von R1 und T1 eine Brücke rein. Für die Spannungsversorgung ist nun eine Siebkette zuständig an deren Ende 2 grüne LED die Spannung auf 3,6V stabilisieren. Auf der Platine gab es inzwischen einige ungenutzte Leiterbahnen, und so fanden die LED's dort ihren Platz.
Hier muss ich etwas weiter ausholen. Ich wollte die beiden Stahlröhren UCH11 und UBF11 aus ökologischen und verschleißträchtigen Gründen nicht blind mitlaufen lassen, also auch aus der Heizung rausnehmen. Das bedeutet eine Neuberechnung der Gittervorspannungserzeugung. Aus den 160 + 20 Ohm wurde dann 270 + 68 Ohm. Zur Heizstromanpassung dient nun eine Vorschaltkondensator-Batterie. Damit entfällt eine der größten Wärmequellen (Drahtwiderstand) des Radios und ich kann ohne weitere Schutzmassnahmen ein Birnchen zur Skalenbeleuchtung mit einschleifen. Einem exakten Heizstrom muß man sich beim Dimensionieren der Vorschaltkondensatoren wegen der Toleranz der Bauteile annähern. Hier machte ich zuerst den Fehler und orientierte mich an den Heizspannungen der Röhren. Das war falsch. Der einzig richtige Weg ist es ein Amperemeter in den Heizkreis zu schalten und durch Variation der Kondensatoren genau 100mA einzustellen.
Originalschaltung des Lorenz:
Modifikation:
Aufbau der Kondensator-Batterie:
Mechanische Änderung:
Wichtig ist es die Kemo-Platine gut isoliert unterzubringen. Ich schraubte sie mit Kunstoffschrauben auf eine Plexiglasplatte, die ich wiederum an den Drehko anschraubte. Dazu musste ich zwei Bohrungen 3,2mm an den Streben des Drehko anbringen.
Den Drehkoantrieb am Chassis entfernte ich und erweiterte die Bohrung so das ich das Abstimmpoti dort befestigen konnte. Der Skalenzeiger hat so nur noch einen kleinen Drehwinkel. Um den Winkel etwas zu vergrößern dremelte ich mir ein Zwischenrädchen zurecht.
an der Stelle komme ich wieder auf das dreiadrige Netzkabel zurück, welches ja erst mal in einem Allstromradio nichts verloren hat. Neben den übliches Sicherheitsvorkehrungen, die den Berührungsschutz betreffen (die einzige Leitung, die nach aussen geht, ist die Antennenbuchse. Diese wird über einen Berührungschutzkondensator geführt) und als "Ausgleich" für den jetzt nur noch einpoligen Netzschalter setzte ich zwischen Erde des Netzkabel und Chassis eine Glimmlampe als Phasen-Indikator. Auf diese Weise wird mit einem roten Signallicht angezeigt wenn der Netzstecker so eingesteckt ist das die Netz-Phase auf dem Chassis anliegt.
Wünschenswert wäre es gewesen für die Abstimmung noch einen Feintrieb unterzubringen. Die Sendereinstellung braucht etwas Fingerspitzengefühl. Man könnte sich behelfen indem man den Fangbereich der AFC noch etwas manipuliert. Dadurch kann es aber passieren das ein stärkerer Sender einen schwächeren in seinem Umfeld schluckt. Auch zeigte sich das die inzwischen handelsüblichen wackeligen Plastikpotis die Abstimmung zusätzlich erschweren.
Das TDA7088 liefert mit 80mV kein sehr kräftiges Ausgangsignal. Für den kleinen Lautsprecher des Lorenz K10A genügt die damit gewonnene Ausgangsleistung der UCL11, in die Begrenzung bekommt man den Lautsprecher damit nicht.
Um die Lautstärke zu verbessern fanden sich zwei verschiedene Lösungsansätze.
Entweder den kleinen NF Verstärker auf der Kemo-Platine mitbenutzen. Die Schaltung könnte dann so aussehen:
zur Philosophie:
der Plan war die Originalschaltung möglichst wenig zu verändern. Bei so einem Projekt zeigt sich dann aber das man sich von dieser Idee mehr und mehr entfernt. AM ist tot und wird nicht mehr kommen. Man muss deswegen das Radio nicht ausweiden. Aber es entwickelte sich die Idee möglichst viel von den Originalteilen mitzubenutzen. Und was nicht stört und nicht benutzt werden kann einfach im Gerät zu belassen. Das könnte doch auch ein schönes Ziel sein?
Bilder des fertigen Projektes:
hier spricht die Glimmlampe an. Das bedeutet: Netzstecker umdrehen!
und die Rückseite:
Ausführung, Text und Fotos stammen von mir. Schaltungszeichnungen, Ideen und Berechnungen lieferte mein Sammlerfreund JR.
Chassisansicht im Original:
und jetzt:
10.08.2016
ich hab mir das Tefag wieder vorgeknöpft. Ich hab bei rm.org das Foto einer Skalenscheibe gefunden, leider verblitzt und mit Zeiger mitten durch das Bild. Am Bildschirm hab ich den Zeiger wegretuschiert und das ganze als Papierausdruck auf die Originalscheibe aufgeklebt. Die Phasenerkennungslampe war störend. Sie ist auf die Rückseite des Radio gewandert.
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